Interview: Digitalisierung bei der KSB AG

Ein Interview mit Dr. Söhnke Brodersen, Global Executive Officer Technology des KSB Konzerns.

Als einer der führenden Anbieter von Pumpen und Armaturen ist die ein KSB AG ein weltweit agierender Technologiekonzern. Wir haben mit dem Leiter der Forschung und Entwicklung des Frankenthaler Unternehmens Dr. Söhnke Brodersen gesprochen. Für Ihn ist der Mehrwert des Kunden der Dreh- und Angelpunkt jeder Digitalisierungsstrategie.

ZIRP: Unter dem Schlagwort Industrie 4.0 wird vieles zusammengefasst. Was bedeutet das für Sie bei KSB ganz konkret?

Brodersen: Für KSB bedeutet es konkret, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig die Risiken aus einem sich verändernden Umfeld zu erkennen. Hierzu entwickeln wir neue Geschäftsmodelle. Diese basieren auf neu strukturierten Prozessen, Plattformen und Applikationen. Dabei gestalten wir auch unsere Kundenbeziehung neu, beziehungsweise wir heben sie in eine neue Ebene. Aktuelle Beispiele sind der KSB Sonolyzer, der PumpMeter, aber auch die Nutzung des metallischen 3D-Drucks.

ZIRP: Was waren bei KSB die ersten Schritte? Aus welcher Motivation heraus sind Sie die Digitalisierung angegangen?

Brodersen: Die ersten Schritte entstanden aus der zunehmenden Automatisierung unserer Produkte und der damit einhergehenden Integration unserer Produkte in die Kundenprozesse. Die rein technischen Möglichkeiten der Digitalisierung fordern geradezu nach neuen Lösungen. Aber wie bereits gesagt, handelt es sich nicht in erster Linie um technologische Themen, sondern um neue Geschäftsmodelle für unsere Kunden, in denen unsere Produkte eine Rolle spielen. Wie es der amerikanische Begriff bereits beschreibt, nutzen wir das „Internet of Things“, also das Internet für unsere Dinge.

ZIRP: Wie sieht die Zielvorstellung bei KSB aus? Haben Sie eine digitale Agenda?

Brodersen: KSB hat eine Agenda in Form eines umfassenden Programms zur digitalen Transformation. Hier sammeln wir alle Themen und Projekte mit Bezug auf die Digitalisierung in einem strategischen Fahrplan zusammen. Neben der Umsetzung der inhaltlichen Entwicklungsprojekte ist das eigentliche Ziel die Transformation des Unternehmens, also die Anpassung an die digitale Welt in den Dimensionen Systeme, Prozesse, Kultur und vernetzte Produktion.

ZIRP: Wo und wie bieten digitale Lösungen Mehrwerte für ein eigentlich rein mechanisches Produkt wie Pumpen?

Brodersen: Unsere Produkte, also Pumpen und Armaturen, machen den Flüssigkeitstransport erst möglich. Sie stehen neben anderen rotierenden Maschinen wie Kompressoren und Ventilatoren oft im Zentrum der Kundenprozesse. Hier bieten sich in den Anwendungsfeldern Gebäudetechnik, Wasser, Abwasser, Industrie und Kraftwerkstechnik vielfältige Ansatzpunkte, um unseren Kunden das Leben mit digitalen Lösungen zu erleichtern. Dies umfasst zum Beispiel den einfachen Zugang zu Dokumenten, das rechtzeitige Erkennen von Energieeffizienzpotenzialen, von Wartungs- und Reparatureinsätzen oder den Service von Produkten. Wir überführen jahrzehntelange Erfahrung und Know-how in Algorithmen und Software.

ZIRP: Hat sich die Methode der Produktentwicklung verändert?

Brodersen: Die Digitalisierung bedeutet kürzere Produktlebenszyklen, welche die vergleichsweise langen Lebenszyklen rein mechanischer Produkte deutlich verkürzt. In der Produktentwicklung setzen wir dementsprechend kreative Methoden ein. Unterstützend nutzen wir unsere Einrichtungen im 3D-Druck sowohl im metallischen wie auch Kunststoffbereich zur Prototypisierung.

ZIRP: Welche Auswirkungen wird die Digitalisierung auf die Zusammenarbeit an unterschiedlichen Standorten mit Kunden und Zulieferern haben?

Bordersen: Es wird eine für alle Beteiligten effizientere und ressourcenschonendere Zusammenarbeit die Folge sein. Plattformen hierfür entstehen gerade, erfordern für die Beteiligten in der Prozesstechnik allerdings besondere Lösungen. Digitalisierung bedeutet aber auch Öffnung nach außen und Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Firmen, im Sinne einer Stärkung der Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette.

ZIRP: Entstehen aus den neuen technologischen Lösungen ganz neue Produkte und Services?

Brodersen: Ja. Digitalisierung ist aber kein Selbstzweck. Pumpen- und Armaturenanwender werden nur solche Technologien und Lösungsansätze nutzen, die einen Mehrwert bieten und praktikabel sind. Deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig auf den Weg in die digitale Zukunft zu machen. Denn diese wird aus Kundensicht gestaltet.

ZIRP: Werden sich interne Prozesse bei KSB verändern?

Brodersen: Ja. In einem Umfang, der sich erst allmählich und in sich wiederholenden Schritten herausbildet. Neue Geschäftsmodelle führen aufgrund des digitalen Kundenkontakts zu Veränderungen im Verlauf und den nachgelagerten Prozessen. Das Ausmaß der Veränderung hängt dabei von der Lösung ab.

ZIRP: Welche Anforderungen an die Mitarbeiter-Qualifikation kristallisieren sich aus Ihren Erfahrungen heraus?

Brodersen: Die wesentliche Herausforderung wird sein, im jeweiligen Arbeitsumfeld vernetzt denken und handeln zu können. Und dies pragmatisch und nicht in akademischen Dimensionen. Es werden sich natürlich Berufsfelder ändern. Man erkennt das bereits an der stark ausgeprägten Differenzierung der Studiengänge und dem Einbezug des Internets in die Berufsausbildung. Ein Beispiel aus der Vergangenheit ist die Entwicklung des Berufs Mechatroniker, der aus einer sich veränderden Welt der Automatisierung entstand. Heute wird anhand der aktuellen technologischen Entwicklung innerhalb „Industrie 4.0“ deutlich, wie sich auch in der Fabrik die Arbeitsinhalte ändern.

Zum Gesprächspartner:



Dr. Sönke Brodersen ist Global Executive Officer Technology des KSB Konzerns mit Sitz in Frankenthal. Seit seinem Eintritt in die KSB AG 1990 arbeitete er dort in verschiedenen Werken und unterschiedlichen Positionen. Dr. Brodersen studierte an der TU Braunschweig Maschinenbau und promovierte dort, gefolgt von einer zweijährigen Forschungstätigkeit an der Arizona State University. Seit 2009 ist er Vorsitzender des VDMA Fachverbands Pumpen + Systeme und Vertreter der deutschen Pumpenindustrie im Europäischen Pumpenherstellerverband EUROPUMP, dessen Präsident er 2011-2013 war. Seit Anfang 2017 leitet Dr. Brodersen bei KSB das Programm „Digitale Transformation“.

 

 

 

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